Autor: Dörte Giebel

Literaturstadt Oslo – Lesereise Teil 2

Hier kommt mit etwas Verspätung mein Wochenrückblick Nr. 2 auf mein literarisches Oslo. Was soll ich sagen: Oslo hat mich lieb. Die Sonne lächelte die ganze Woche lang, bis auf heute am Sonntag. Für solche Sonntage wurde zum Glück das Buch erfunden! 🙂

1.
Deichmanske bibliotek in Gründerløkka

Wenn ich aus meinem Fenster schaue, sehe ich die folkebibliotek meines Viertels. Ich bin überrascht, dass sie auch sonntags geöffnet hat, immerhin von 12 bis 16 Uhr. Das Büchereiwesen in Norwegen ist sowieso einzigartig: JedeR mit einer Meldeadresse in Norwegen hat Anspruch auf eine kostenlose nationale Ausleihkarte, die in 2.500 Biblioteheken im ganzen Land gültig ist!

Oslo Deichmanske bibliotek Gründerløkka

Ich habe den regnerischen Sonntagnachmitag hier verbracht, gemeinsam mit vielen anderen, die in Ruhe Zeitung gelesen, ein gutes Buch aus dem Regal gegriffen oder einen der vielen Rechner mit kostenlosem Internetzugang genutzt haben. Die Bedeutung dieser Institution, über die ich vor kurzem auf norwegisch gebloggt habe, ist mir wieder einmal sehr bewusst geworden! Volksbibliotheken bieten schlichtweg einen niedrigschwelligen Zugang zu allem, was eine Kultur ausmacht. Sie sind als physisch existente Räume mit physisch existenten Büchern und Zeitschriften auch im digitalen Zeitalter wichtig. Zum Beispiel: Jeden Montag nehme ich hier im ersten Stock an einem kostenlosen Sprachtraining teil, das vom Roten Kreuz organisiert wird und von dem ich nächste Woche mehr erzähle…

2.
Vår Frelsers Gravlund

Dieser Friedhof zwischen Grünerløkka und Bilsen wurde 1808 angelegt und entwickelte sich schnell zur letzten Ruhestätte des Großbürgertums. Hier fndet man unter anderem die Gräber von Ivar Andreas Aasen (dem Begründer des Nynorsk), vom in Norwegen in Ungnade gefallenen Literaturnobelpreisträger Henrik Ibsen sowie das Grab von Bjørnstjerne Bjørnson, von dem der Text für die norwegische Natinalhymne stammt.

oslo-frevlers-gravlundAber es gibt unter den rund 4.500 Grabsteinen auf dem Vår Frelsers Gravlund auch tausende, die kleine, persönliche und Geschichten erzählen: Dieser Knirps hier ist nicht einmal drei Jahre alt geworden ist, sein Grabstein jedoch steht seit fast hundert Jahren und steht und steht und steht… Warum? Weil die Kommune Oslo entschieden hat, dass alle Grabsteine auf dem Vår Frelsers Gravlund erhaltenswürdig sind, unabhängig ob die Laufzeit für ein Grab ausgelaufen ist.

Es ist zwar auch heute noch möglich, auf diesem Friedhof ein Grab zu bekommen und hier beerdigt zu werden, jedoch nur unter einer Bedingung: Der alte Grabstein darf nicht durch einen neuen, modernen Stein ersetzt werden, sondern muss abgeschliffen und neu beschriftet werden. Davon hab ich vorher noch nie gehört. Ein bemerkenswertes Konzept! Und ein wunderschöner Friedhof!

3.
Toril Moi und Vigdis Hjorth im Gespräch

In diesen Tagen tobt in der norwegischen Presse eine heiße Debatte um die moralischen Grenzen der so genannten Wirklichkeitsliteratur, also solcher Romane, denen erklärtermaßen das Leben des/r Schriftstellerin als „Rohmasse“ zugrunde liegt. Die Literaturkritiker/innen sind sich nicht einig, ob Vidgis Hjorth mit ihrem neuen Roman „Arv og miljø“ zu weit gegangen ist, weil sie angeblich durch den Roman ihrem eigenen Vater, der vor wenigen Jahren gestorben ist, quasi indirekt eine Straftat anhängt. Herregud! Ich hätte nicht gedacht, dass es im Jahr 2016 möglich ist, mit dem Thema Inzest, verarbeitet in einem Roman, für solche Aufregung zu sorgen! Es gibt tatsächlich Kulturredakteure, die die Schriftstellerin jetzt frontal angehen und zu ihr sagen, sie müsse jetzt Butter bei die Fische geben, ob sie wirklich von ihrem Vater missbraucht wurde. Ja, und wenn nicht? Darf sie dann keinen Roman zu diesem Thema schreiben und dafür keine Figur erfinden, die Ähnlichkeiten mit ihrem eigenen Vater hat? Auf wen soll hier eigentlich Rücksicht genommen werden? Und aus welchen Gründen? Letztlich ist es Vigdis Hjorth aufs Beste gelungen, genau die Mechanismen aufzuzeigen, wie Tabus entstehen – sie scheint selbst ein wenig überwältigt davon, wie gut ihr das gelungen ist.

Oslo litteraturhuset Vigdis Hjorth og Toril Moi

Umso weniger verwundert es, dass das Literaturhaus an diesem Abend Anfang Oktober – rappelvoll ist: Die Schriftstelerin unterhält sich mit der international erfolgreichen Literaturwissenschaftlerin Toril Moi über ihren neuen Roman. In allen verfügbaren Räumen des Hauses wird das Gespräch aus dem Hauptsaal auf Leinwänden live übertragen, auch ich sitze in einem solchen Raum (darum ist das Foto auch so eigenartig schief, weil ich so schräg vor der Leinwand saß). Es war eine sehr kluge Diskussion. Ich möchte noch in Ruhe darüber bloggen.

Und ich bin seit diesem Abend mehr denn je ein großer Toril-Moi-Fan. Denn obwohl mich diese Literaturwissenschaftlerin mit all ihren Schriften zu Feminsit Theoy und Gender Studies durch mein ganzes Germantsik-Studium begleitet hat, habe ich nie – bis heute – wahrgenommen, dass sie ja Norwegerin ist! Und so werde ich mich jetzt durch ihre Texte lesen, die sie in ihrer Muttersprache veröffentlicht hat. Jeg gleder meg!

4.
Buchmesse der Norsk Antikvarbokhandlerforening

Auf eine Antiquariatsbuchmesse zu gehen, ist ein bisschen wie eine Wal-Safari. Du weißt nicht, ob Du überhaupt etwas von dem zu sehen bekommst, was Du begehrst, musst Geduld haben und seeeeeehr genau hinehen. 😉

In den Kellerräumen des Litteraturhuset fand an diesem Wochenende die Buchmesse der norwegischen Vereinigung der antiquarischen Buchhandlungen statt. Um den Raum voll zu bekommen, waren auch einige schwedische Antiquariate vertreten.

Oslo bokmesse Regine NormannIch hatte tatsächlich ein Ziel: Ich wollte ein Buch von Regine Normann (1867 – 1939) ergattern. Sie war Norwegens erste nordnorwegische Schriftstellerin, die es Anfang des 20. Jahrhunderts zu nationalem Erfolg gebracht hat. In zwei Antiquariaten in Oslo war ich bereits und habe nach einem Normann-Buch gefragt, ohne Erfolg. Jetzt hieß es also an jedem Stand, geduldig die Lücken abzupassen, wenn einE andereE JägerIN bereit war, zur Seite zu treten und mich bis ans Bücherregal vorzulassen. Ich fand dabei übrigens auch ein Buch von Toril Moi auf norwegisch (das über Simone de Beauvoir) – und ließ es stehen, weil ich ahnte, dass ich mein Geld zusammen halten musste, wenn ich mir ein wirklich altes Buch leisten wollte…

Ich drehte zwei Runden und sah beim zweiten Durchgang noch einmal genauer hin. Und da war es: Regine Normann. Det gråner mot høst. Nordlandsagn. Aschehoug Forlaget, Oslo 1930. Makellos. 600 Kronen. Ich werde die nächsten Tage wieder nur Kartoffelbrei essen.

5.
Bookcrossing in Oslo

Nächstes Jahr Ende April treffen sich die Bookcrosser aus der ganzen Welt in Oslo – ich freu mich riesig darauf! Bookcrossing.com zu nutzen, das ist, als ob man ein Buch (das man besitzt und gern gelesen hat) wie freiheitsliebendes Tier wieder in die freie Wildbahn entlässt, jedoch mit einem Chip versehen – in diesem Fall eine auf bookcrossing.com registrierte Nummer – in der Hoggnung, irgendwann einmal eine Nachricht zu bekommen, ob es heil irgendwo angekommen ist und wer es jetzt liest und hoffentlich auch wieder weiter gibt. Es gibt Bookcrosser, die warten fünf Jahre und länger auf ihre erstes Feedback auf ein feigelassenes Buch (und zugegebenermaßen warte auch ich immer noch auf meine erste Nachricht…). Umso größer ist dann die Freude!

Bookcrosser lassen Bücher überall frei, lassen sie zum Beispiel beiläufig auf einer Parkbank liegen, in eine Schutzhülle gewickelt, und überlassen alles weitere dem Zufall. So entstehen die schönsten Geschichten. Und es gibt offizielle Bookcrossing Zonen, also öffentliche Bücherregale, die auf bookcrossing.com registriert sind. In Oslo gibt es zwei davon, eine ist noch recht neu, und die zeige ich Euch heute:

Oslo - offizielle Bookcrossing Zone

Dieser Bücherkoffer steht im Jugeninformationszentrum „UNGInfo“ in der Møllergata 3 im Zentrum von Oslo und ist leider nur in den Öffnungzeiten (werktags 11-17 Uhr, samstags 12-17 Uhr) zugänglich. Ich bin ja nun mittlerweile weit über 27 Jahre alt (und bis zu diesem Alter stehen allen die Angebote des UNGInfo offen), aber selbstverständlich hat niemand was dagegen, wenn auch „Erwachsene“ reinkommen und in dem Bücherkoffer stöbern. 😉

6.
Språkkafè und Suppekurs mit Cecilie Lønn im Mestizo

Es gibt eine sehr gute Lehrbuchreihe fürs Norwegische, die von Cecilie Lønn verfasst wurde, welche – wie der Zufall es will – in Oslo lebt. Ich glaube, Cecilie ist im Herzen halb Lehrerin und halb Schriftstellerin, denn sie schreibt stilistisch und inhaltlich sehr besondere Texte, die sich in meinen Augen von den üblichen oft recht klischeehaften und plumpen Lehrtexten unterscheiden.

Ich habe das große Glück, dass ich im September und im Oktober an ihrem „Suppekurs“ teilnehmen konnte/kann: Einmal im Monat lädt Cecilie samstags ein, einen ihrer tauschfrischen, bis dato unveröffentlichten Texte (Niveau B2/C1) mit ihr durchzugehen – und in der Pause sehrviert ihr Mann, ein Spanier, eine Suppe. Wo? In deren eigenem Sprach- und Kulturzentrum Mestizo, das obendrein auch noch ein offenes Café ist, in dem abends Live-Musik gespielt wird!

oslo-sprakkafe

Jeden Mittwoch Abend ab 19 Uhr bietet Cecilie Lønn zusätzlich ein kostenfreies Språkkafè an. Das Prinzip ist so einfach wie genial: Es kommt wer will, Cecilie sortiert die Tische nach Sprachniveau, teil eine Vokabelliste aus und lässt die Menschen an den Tischen auf norwegisch einander diese Wörter erklären. Das ist eine sehr effektive Methode, den eigenen Wortschatz zu trainieren und eine Gruppe zum Sprechen zu bringen. Das Gute ist zudem, dass selten Menschen mit der gleichen Muttersprache an einem Tisch sitzen.

7.
Oslo twittert

Wer mich kennt, weiß, dass ich seit über sieben Jahren leidenschaftlich gern twittere – seit einiger Zeit sogar auf norwegisch, und zwar mit meinem Zweitaccount @byskribent (= Stadtschreiberin). Und so ist es für mich ganz natürlich, mir eine Stadt per Twitter zu erschließen. Und siehe da: Gefühlt twittert halb Oslo – darunter beispielsweise Gry Berg-Enger, die täglich begnadet schöne Fotos veröffentlicht.

 

Und auch meine aktuellen Lieblingsschriftsteller/innen, die in Oslo leben und über deren neueste Bücher ich bereits – auf norwegisch – gebloggt habe, sind auf Twitter vertreten: Mattis Øybø, Birgit Alm, Marita Hansen (verlinkt habe ich hier ihre jeweiligen Reaktionen auf meine Rezensionen ;-). Sobald ich meine Twitter-Liste mit einem Best-of-Oslo zusammengestellt habe, verlinke ich sie hier, versprochen!

Anmeldelse: „Og hver morgen våkner jeg“ av Marita Hansen

Om å finne en ny normal

Jeg er en tysk kvinne i førti-årene som trenger litt pusterom. Derfor er jeg her i Oslo, i fire uker, jeg har behov for fred i sinnet, for å bli flinkere i norsk, for å lese så mye og så lenge jeg vil – av og til døgnet rundt på forskjellige pene steder ute i byen. Som i går, da tok det meg fem timer for å lese hele boka „Og hver morgen våkner jeg“ av Marita Hansen – uten pause.

Marita Hansen Og hver dag våkner jegMarita har heller ikke hatt noen pause siden Vidars død. Kjæresten hennes falt om og døde i armene hennes da begge to gikk på ski, uventet, etter 231 lykkelige dager. Ulykken skjedde for to og ett halv år siden. For å klare seg har Marita Hansen skrivet denne boka.

Nå er Maritas (og Vidars!) historie ute, i rett tid til bokhøsten. Et stykke virkelighetslitteratur. Litteratur, selvfølgelig! Man kan kalle det en roman. Teksten er fint vevd, full av poesi. Språket er fortettet, forfatteren har arbeidet med teksten og ikke „bare“ publisert dagboka sin. Da er det egentlig ikke viktig å vite at forfatteren har opplevd historien selv for å bli berørt og beveget, for å ta massevis tankemat meg seg. Men selvfølgelig gjør det noe med leseren, denne viten. Ikke lett å beskrive hva det er…

Verdifulle tårer, nye ord

Gråten min mens jeg leste Marita Hansens bok, denne gråten var ikke bare om tragedien som hadde skjedd, men også om forfatterens tapperhet og mot. Tårer om at hun har funnet et språk, en vei gjennom hver dag hun har våknet siden, tross alt.

Jeg svømte i tårer mens jeg så henne stående i skistøvlene hans, omtrent et år senere, nede i kjelleren. Og jeg måtte smile gjennom tårer mens jeg leste om hennes forsøk med sorggruppen. Jeg forstår henne mer enn nok. Da det finnes sorggrupper for alle mulige slags tap må man nemlig bestemme seg: „Hva er liksom verst for deg, spør hun, snur seg mot meg; det at han var kjæresten din eller at han døde brått og uventet?“ For et spørsmål til en sørgende person! Å vite at dette spørsmålet ble svart på alvor! (At svaret mangler i boka, det er dette rommet som litteratur gir meg som leser.)

Marita Hansen lærte meg viktige nye ord på norsk:

Et blunk, fraværet, innmari.
Gravølet, å kave, andpusten.
Raushet, tilstedeværelse.
Bunnklang.

oslo-jakobsmesse

Jeg er 46 år gammel. Broren min var 46 da han døde. Forventet. Det skjedde for tolv år siden. Siden har vi bare vært fire søsken. En annen sorggruppe. Et annet tap. Men likevel. Hvor ofte har jeg tenkt at jeg har ei bok inni meg om alle disse kompliserte sammenhengene hvorfor han døde, hvordan vi lever med tabuet. Av og til tenker jeg at jeg helst ville skrive om alt dette på norsk… Men først og fremst håper jeg at Marita Hansen har ennå en annen bok inni seg en dag.

La oss snakke om alt, nå!

Det finnes allerede flere bokbloggerne som har skrivet anmeldelser:

altgodt.no gir beskjed at du „må kanskje leite etter den, bokhandlarane har plassert dei litt forskjellig rundt omkring i butikken, ikkje alltid heilt logisk, men spør etter den.“ – Spennende, ikke sant? Men i de siste dagene har jeg funnet boka riktig godt plassert blant nyhetene!

Bokelskerinnen.com er, som meg, fan av hennes språk: „Hun skriver melodiøst, vakkert og undrende, og har et blikk for fine detaljer i språket. Her er det ord og setninger som gjør at man gjerne tar en pause fra lesingen og reflekterer over det man nettopp har lest.“ – Elin tenker som meg at boka har niveauen som en roman.

favelastisk.blogg.no legger merke til at boka „er kort og lettlest, men må leses flere ganger for å oppdage alle de små språklige gullkornene som ligger gjemt under steinene.“ – Ja, det er sant og jeg har allerede lest dem to ganger på to dager.

miafrogner.no navner noe jeg er også særlig berørt av: „… og hun stiller alle de spørsmålene hun lurte på, lurer på: Hvordan vet hun at hun vet at han er død? Hvordan vet man når man sørger? Hvordan bygger man dynene rundt seg for å få den tyngden man trenger på kroppen for å få sove?“ – Det minner meg om min favorittsitat i boka:

„jeg blir stående og tenke på mormor. Jeg savner henne, skulle øsnke hun var levende. Jeg ville krøpet opp i fanget hennes, jeg ville vært som om jeg var sju år, jeg ville sagt at mormor, kan du fortelle mer om da du var liten. Jeg ville sagt mormor, kjæresten min døde. Kan du fortelle om da morfor ble drept i ulykken med hesten og brøytemaskina? Kan du fortelle om hvordan det var for deg å gifte deg igjen? Jeg ville sagt mormor, hvordan var det da også han døde et par år senere. Hvordan var det da to av døtrene dine døde, de var jo bare barn. Jeg ville sagt mormor, hva skal jeg gjøre nå. Og dette vil jeg si til henne til sommeren, jeg vil besøke henne der hun bor nå, hun bor i Finnmark på kirkegården under jorda“

(Og hver morgen våkner jeg, s. 53/54)

kirkegården

Vi snakker altfor sjeldent med de levende om alle disse tingene… Men i dag er det som om Marita og jeg har snakket litt med hverandre om alt. Hjertelig takk!

Anmeldelse: „Endelig skal vi le“ av Birgit Alm

Midt i velstandslitteraturen som „Elskere“ av Mattis Øybø eller „Arv og miljø“ av Vigdis Hjorth har det dukket opp romanen „Endelig skal vi le“ av Birgit Alm som bryter med et annet  (ikke bare norsk) tabu: Hovedpersonen er fattig.

Kan man lære seg å bli mett av lukt?

Endelig skal vi le - roman av Birgit AlmElinor, gjennom hennes øyne ser leseren verden, er en midt-tjue-årig alenemor, arbeidsledig og student via NAV-systemet. Hun lever med sin seks-årige sønn Ungen i vår midte i Oslo og anstrenger seg kraftig for å bli usynlig. Hun prøver å skjule fattigdommen sin for hele verden, ikke bare for naboene på Nordstrand men endog for sønnen sin. Men det er alltid det egne barnet som ei mor ikke kan ikke narre, selv om det lyktes henne å få ham inn på Steinerskolen gjennom en friplass-ordning

På en smertefull presis måte beskriver Birgit Alm de små situasjionene når Elinor og gutten hennes opplever begrensningene fordi hun har dårlig råd: ikke noen egne seng (for ikke å snakke om et eget rom), ikke noen termokanne på tur med klassen og altfor ofte den samme billige maten. Mora vet at sønnen vet og at han prøver å skjule skuffelsen sin. „Fine Ungen“ tenker hun derfor på slutten av flere kapitler – det gjør vondt å lese…

Det kaller jeg virkelighetslitteratur.

Er „Endelig skal vi le“ et godt stykke litteratur? Jeg har funnet en anmeldelse som kaller romanen middelmådig (uten begrunnelse), en annen som er veldig kritisk til en manglende dramaturgisk oppbygning, som påstår at romanen er uten et sentralt vendepunkt. Men kanskje er akkurat det hvor temaet og skrivemåten møtes: i et liv fanget opp av velferdsstaten, men uten virkelige sjanser for å komme seg ut av situasjonen. Fattigdom omgitt av velstand påvirker tankeganger og munner ut i skam og selvforakt. Og da begynner den onde sirkelen.

Birgit Alm - kilde: Tiden Norsk Forlag
Birgit Alm – kilde: Tiden Norsk Forlag

„Endelig skal vi le“ er Birgit Alms debutroman. Forfatteren er en nesten 50 år gammel litterarturviter og tekstarbeider, bosatt i Oslo. Det er allerede alt jeg vet om henne og det er mer enn nok fordi kunsten verken stiger eller taper i verdi ved å bruke biografiske referansepunkter. (Hjorth-saken, vet beskjed?!)

Birgit Alm har ikke beskrevet noen „utgang“ fordi det ville være (hva angår temaet) en løgn, men ikke fordi hun ikke kunne det. Det som gjør romanen særlig sterk er jo nettopp en beklemmende ærlighet med hensyn til Elinors tanker mens hun opplever alle disse „små“ katastrofene som lus og mus. Ja, flere ganger måtte jeg virkelig le, romanen er tross alt underholdene.

Vi alle kjenner den flere hundre sider lange sindige strømmen i romanene av Karl Ove Knausgård. Her må vi bare holde ut 238 sider uten løsning, uten eksistensielle „forandring“. Men er det nødvendig? Forandringen foregår inni meg som leser mens jeg begriper følelser jeg har ikke opplevt selv. Følelsen mens jeg må nøye meg med lukten av bakverk, følelsen når jeg tenker om over tjue fødseldagerpresanger for alle klassekameratene, følelsen hver eneste gang jeg tør ikke å be om hjelp…

Har romanen forandret min virkelighet? Et stort JA. Og derfor anbefaler jeg på det sterkeste å lese „Endelig skal vi le“ og å tenke selv: for et stykke virkelighetslitteratur!

*

oslo-liggende-mann-skultpur

Literaturstadt Oslo – Lesereise Teil 1

Diese Stadt ist voller Literatur! Und ich habe nur 28 Tage Zeit, sie zu lesen… Zum Glück macht Oslo es mir leicht, mich durch die Straßen zu blättern. Das sonnige Herbstwetter legt mir die Stadt regelrecht zu Füßen und ich entdecke, oft unverhofft, hinter jede Ecke neue Lesensqualität. Seit genau einer Wochte trage ich nun schon meine Fundstücke wie große blanke Kastanien nach Hause und zeige Euch heute die ersten Sieben.

1.
Ibsen Sitat – Kunstwerk auf der Karl Johans gate

oslo-ibsen-sitat

Ob es ihm Recht gewesen wäre, dass wir achtlos auf seinen Gedanken rumtrampeln? Henrik Ibsen flanierte selbst täglich die Karl Johans gate längs; jetzt zieren 69 Zitate die Fußwege auf beiden Seiten. Alle Norweger/innen konnten sich an der Zitatauswahl beteiligen, mitgemacht haben namhafte Persönlichkeiten und auch ganze Schuklassen. Für die 4.011 Buchstaben wurde übrigens eigens eine Schrifttype entwickelt, der Oslofont. (Quelle)

2.
Öffentliche Bücherregale im Schlosspark

oslo-bokbytteskapet-slottsparken

Leider nicht von Dauer, diese kleinen öffentlichen Bücherschränke, die an verschiedenen Bäumen im Osloer Schlosspark hängen und die zur Jubiläumsaktion des Königshauses gehören. In diesen Tagen sollen die Kästen wieder abgehängt werden. Erst vor ein paar Wochen hatte die Kronprinzessin Mette-Marit ein Foto getwittert, auf dem ihre Schwiegermutter zu sehen ist, wie sie ein Buch in eines dieser bokbytteskap stellt. Ich hab die beiden auf meinem Spaziergang leider nicht getroffen.

3.
Dikt underveis – Poems on the Underground

oslo-dikt-underveis

Du verstehst nicht
wie weit es bis Ullern ist
bist du jemanden dort liebst

wie breit
ein Früstückstisch sein kann
eine halbe Matratze
wie
verblüffend beschwerlich
ein einziger Millimeter

Wir
haben keinen Platz
für Abstand
zwischen uns

 *

Dieses Gedicht von Cecilie Cottis Østreng ist eines von 24, die in diesem Jahr in den Osloer T-Bane-Stationen präsentiert werden. Jahr für Jahr wechselnd seit 1995 in den Osloer T-Bane-Stationen präsentiert werden. In London begann diese Kunstaktion „Poems on the Underground“ bereits 1986, also vor genau 30 Jahren! Seit 1995 ist Oslo mit den „Dikt underveis“ dabei, auch Athen, New York, Paris und Prag machen mit.

4.
UGLO – die neue Bücherbar des Verlags Aschehoug

Ugla - den nye bokbaren av Aschehoug forlaget

Ich wär nicht auf die Idee gekommen, dass ein Verlag ein Händchen für eine Bar haben könnte! Bis ich zufällig auf meinem Heimweg in der Kristians August gate an UGLA vorbeikam. Eine Bar voller Bücher, und dabei so wenig piefige Bibliothek wie nur irgendwas! Erst Ende August 2016 hat der Aschehoug Verlag die bokbar UGLA eröffnet, ich kann also mit Fug und Recht sagen, sie für Euch entdeckt zu haben. 😉 Wie es sich für eine Frau von Welt gehört, hab ich dann natürlich versucht, mir einen Latte Macchiato zu bestellen. Lächelnde Antwort der camue-esken Kellnerin: nur Bohnenkaffee. Oh, wie erfrischend. Ich sah mich um und stellte fest, dass alle, aber auch wirklich alle Gäste ein Papierbuch vor der Nase hatten. Ob das Verlagsmitarbeiter/innen waren? Dafür waren sie eigentlich zu jung. Genau, verdammt jung waren sie, die UGLU-Gäste, aber sie haben mich als Ihresgleichen behandelt – schließlich las auch ich ein „echtes“ Buch und trank Bohnenkaffee.

5.
Hønse-Lovisas hus am Akerselva

oslo-honse-lovisas-hus

Wenn ich nur einen einzigen Ort benennen dürfte, an den es mich wirklich jedes Mal wieder hinzieht, wenn ich in Oslo bin, dann ist es das kleine Kulturkafè ved Akerselva: Hønse-Lovisas hus. Direkt am Wasserfall zu sitzen und mit diesen gewaltigen Naturgeräuschen die Stadt für eine Weile auszusperren, ist so erfrischend! Und es gibt waffler med fløde og syltetøy. Und „påfull“ (Kaffee, viel man möchte, für nur einmal bezahlen – typisch norwegisch!). Hier habe ich in dieser Woche immer wieder im Roman „Elskere“ des Osloer Schriftstellers Mattis Øybø gelesen.

6.
Telemuseum testet Telefonzelle als öffentliches Bücherregal

oslo-bokbyttekiosk

An der Haltestelle Kjelsås steht eine dieser hübschen roten Telefonzellen, eine von rund 100, die in Norwegen noch in Betrieb sind. Über 6.000 gab es davon in den 80er Jahren. Jetzt testet das Telemuseum, wie die wenigen Übriggebiebenen in Zukunft sinnvoll genutzt werden können. Seit dem 1. September 2016 wird dieses Telefonhäuschen als öffentlicher Bücherschrank genutzt. Es gibt außerdem freies W-Lan – und das Ding spielt sogar ein Liedchen ab, wenn man eintritt und es twittert: @kjelsaskiosken. Als ich mit zwei Büchern unterm Arm wieder rauskam, ging ein Vater mit seinen zwei kleinen Söhnen vorbei und blieb neugierig stehen. Ich ging ein paar Schritte und drehte mich umn, aks ich den einen Kleinen jubeln höre: Sein Vater hatte einen Harry-Potter-Band für ihn entdeckt. Ich hätte gern ein Foto davon gemacht, aber ich bin, was Straßenfotografie angeht, immernoch ein bisschen schüchtern (bzw. halte mich gern an die Regeln und die Persönlichkeitsrechte meiner Mitmenschen).

7.
Schous Bøker – Antiquariat

oslo-schous-boker

… als letztes Fundstück aus dieser Woche: noch eine Neueröffnung, und wieder mit „echten“, also gedruckten Büchern! Das Menschen sich das als Geschäftsidee überhaupt noch einfallen lassen… Erst seit wenigen Monaten gibt es am Schous Plass in Grünerløkka (und damit nicht einmal 100 Meter (!) von meinem Schlafzimmer entfernt) dieses kleine, aber feine Antiquariat SCHOUS BØKER. Ich hab gleich mal nach Büchern von Regine Normann gefragt und bin auf einen engagierten Buchhändler gestoßen, der versucht, innerhalb der nächsten drei Wochen die eine oder andere Ausgabe für mich aufzutreiben…

*

Nächsten Freitag gibt es die nächsten literarischen Fundstücke meiner Lesereise durch Oslo. Ha det bra!

Anmeldelse: Elskere av Mattis Øybø

Sorg uten bunn

En gang sa jeg til en mann at hvis jeg måtte velge, ville jeg heller bli hans elskerinne enn hans betratte kone. Etter å ha lest to tredjedeler av den nye romanen „Elskere“ av Mattis Øybø (Forlaget Oktober, 2016) husket jeg igjen hvorfor jeg bestemte meg sånn for dette…

mattis-oybo-elskere-oktober-forlaget
Å lese den nye romanen „Elskere“ av Mattis Øybø gjorde meg andpusten. – kilde: forlaget Oktober

Det er bare en tilfeldighet at hovedpersons elskerinne dør i en bilulykke på 22. juli 2011, dagen av terrorangrepet i Oslo og på Utøya. Angrepet og Annas død har ingenting å gjøre med hverandre – ingenting mer enn datoen, men akkurat det er poenget: Mikkel får det forferdelig vondt av den alt dominerende offentlige sorgen over de døde av terrorangrepet mens han selv må skjule sin egen sorg om sin elskerinne. Etter min mening trenger Mattis Øybø egentlig ikke terrorangrepet for å illustrere den uutholdelige situasjonen der hovedpersonen befinner seg i. Kanskje bryter forfatteren et tabu ved å bruke nasjonens trauma nesten „bare“ som rammefortelling for en kjærlighetshistorie. Men jeg venter med spenning på de første anmeldelsene av norske bokbloggere. Kanskje jeg som tysk er litt for langt utenfor til å forstå hele betydningen.

For en kjærlighetsroman av vår tid! En roman om all slags kjærlighet: som ektemann, som far til hans sin sytten år gamle sønn og sin tre måneder gamle datter, som sønn til hans gamle mor – og som elsker. Alle typer kjærlighet har sin plass, alle er på en måte vevd og knyttet sammen sammenvokst slik at når det mangler én, alle har det vondt. blir alle vondt. Mattis Øybø beskriver med mye finfølelse og humor et følelseliv av en moderne mann, små hendelser, daglige dialoger og hemmelige tankeleker – og hvordan alt kommer ut av kontroll. Samlivet (eller enda mer: samfunnet) er et korthus og døden tar rett og slett noen kort. (Og naturligvis fordyper terrorangrepet dette temaet.)

oslo-ibsen-sitatTo timer hver fjerde fredag i tretten år, omregnet omtrent to uker levd liv med hverandre. Annas regler. Hva betyr dette for Mikkels rett til å sørge? Døden virker så tragisk fordi det ikke bare betyr døden av levd liv men også døden av mulighetene for mer eller for å leve anderledes med hverandre. Sorgen til Mikkel synes å være uten bunn. Og så bryter han tabuet fordi å blir utenfor livet hennes, det får han ikke til. Han går i begravelsen, han dukker opp foran huset hennes og kommer for å snakke med datteren hennes… Anna hadde forsøkt å kontrollere livet med strenge regler men ingen kan kontrollere døden og hva som skjer etterpå med de pårørende. Etter å ha lest halvparten av romanen tenker leseren å vite hva som må komme i løpet av den siste delen. Og da jeg vet hva det kan bety fordi jeg har opplevd (og overlevd) dette selv, som betratt kone, da var jeg nesten andpusten mens jeg leste resten av boka.

Mattis Øybø - kilde: forlaget Oktober
Mattis Øybø – kilde: forlaget Oktober

Men fordi Mattis Øybø er en stor forfatter har han funnet en annen vei ut for hovedpersonen sin enn å omskreve det som kjærlighetshistorien av Mikkels kone og Annas enkemann som i et mareritt. Derimot eller derfor er det på en måte smertefullt å lese denne romanen, men jeg ønsker ikke å gå glipp av en eneste linje. Sidene er fulle av mat for tankene om våre verdier og vårt ansvar for våre handlinger. Øybø viser at der fins det en sjanse for en forsoning med slutten på mulighetene i livet, med det som ikke kan kontrolleres, med livet man har valgt.

Jeg håper virkelig at noen oversetter denne romanen til tysk – som ville være den første oversettelsen av en Øybø-roman. Men nå sier jeg først og fremst:

Du må lese „Elskere“.
Det fordyper ditt liv.